Für ihre installativen und bildhauerischen Arbeiten baut Mira Siering Objekte aus Glas, Gips oder Keramik, die in ihrer Leichtigkeit, Transparenz und Flächigkeit einen zeichnerischen Charakter haben. Dabei werden die Objekte Gefährten, die sich in den installativen Aufbauten gegenseitig beschützen oder bestärken.
Ihre künstlerische Auseinandersetzung, die in ihrer Ausstellung ABWESEN sichtbar wird, reflektiert den Moment des Zerfalls, des Übertretens, des Aufsteigens und des Verlassens. Die wesenhaften Objekte werden in Verbindung zu architektonischen Konstruktionen gesetzt, die ein Gefühl von Abwesenheit oder Hinterlassenschaft erzeugen.
In der Videoarbeit GELASSEN HIN wird ein toter Falter nach dem anderen, auf einer Fensterbank liegend, mit einem Staubsauger aufgesaugt. Kurz bevor er im Rohr verschwindet, lässt der Staubsauger den Falter noch einmal vor sich herfliegen, sich drehen. Für einen kleinen Moment wirkt er wieder lebendig. Der filigrane Tanz des Falters steht im Kontrast zum lauten, taktlosen Dröhnen des Staubsaugers, der auf den erbarmungslosen Charakter der Maschine, die sich außerhalb des Bildausschnitts befindet, verweist.
Gegenspieler der Videoprojektion, die sich räumlich ungewöhnlich oberhalb der durchschnittlichen Kopfhöhe des Betrachters befindet, ist die Arbeit VON JETZT AN UNFREI: Als Protagonist des Raumes ist ein zunächst diffus seitlich beleuchtetes Objekt zu erkennen. Es ruht auf einem leicht konischen, abgerundeten Vorsprung, der von Mira Siering gezielt für die Ausstellung und die architektonischen Gegebenheiten des POKYs installiert wurde. Bei näherem Hinsehen wird deutlich, dass es sich um einen milchig-transparenten Glasblock handelt, in dessen innerer Aussparung bei noch näherer Betrachtung zwei offenstehende Gebisse heraustreten. Sie sind die Spur und Hinterlassenschaft eines Mal dagewesenen Körpers im Glas, ihr Umriss wie ein in Erinnerung gebliebener Ausdruck. Die gebleckten Zähne auf Augenhöhe provozieren zunächst ein leicht bedrohliches Gefühl. Im zweiten Moment fordert der erstarrte, angehaltene Zustand, indem sich die Gebisse gefangen finden und durch den sie ihrer Beweglichkeit beraubt wurden, aber auch eine Berührung und reizen ein Ertasten. Die Assoziation zum drohenden Versprechen der La Bocca della verità liegt nahe: Legt man die Hand in die Mundöffnung der antiken Mamorscheibe und sagt die Unwahrheit, wird sie einfach abgebissen.
— Text: Alina Röbke / Mira Siering
(video stills)
EIN TOTER FALTER LIEGT AUF DER FENSTERBANK. DIE SONNE SCHEINT AUF IHN, DIE BLÄTTER HINTER DEM FENSTER BEWEGEN SICH IM WIND.
EIN STAUBSAUGER GEHT AN UND DAS STAUBSAUGERROHR TAUCHT AUF. ES NÄHERT SICH DEM FALTER. KURZ BEVOR ES DEN FALTER AUFSAUGT, BRINGT ES IHN NOCH EINMAL KURZ ZUM AUFFLIEGEN. DANN WIRD ER WEGGESAUGT. DER STAUBSAUGER GEHT AUS.
EIN TOTER FALTER LIEGT AUF DER FENSTERBANK.
— Text: Mira Siering
(info)
MIRA SIERING (*1995) studierte bei Tamara Grcic an der Kunsthochschule Mainz und bei Thomas Rentmeister an der HBK Braunschweig. Derzeit macht sie ihren Meisterschüler bei Thomas Rentmeister an der HBK Braunschweig.
⌦ IG: @mira_sie
(back to top)
Für ihre installativen und bildhauerischen Arbeiten baut Mira Siering Objekte aus Glas, Gips oder Keramik, die in ihrer Leichtigkeit, Transparenz und Flächigkeit einen zeichnerischen Charakter haben. Dabei werden die Objekte Gefährten, die sich in den installativen Aufbauten gegenseitig beschützen oder bestärken.
Ihre künstlerische Auseinandersetzung, die in ihrer Ausstellung ABWESEN sichtbar wird, reflektiert den Moment des Zerfalls, des Übertretens, des Aufsteigens und des Verlassens. Die wesenhaften Objekte werden in Verbindung zu architektonischen Konstruktionen gesetzt, die ein Gefühl von Abwesenheit oder Hinterlassenschaft erzeugen.
In der Videoarbeit GELASSEN HIN wird ein toter Falter nach dem anderen, auf einer Fensterbank liegend, mit einem Staubsauger aufgesaugt. Kurz bevor er im Rohr verschwindet, lässt der Staubsauger den Falter noch einmal vor sich herfliegen, sich drehen. Für einen kleinen Moment wirkt er wieder lebendig. Der filigrane Tanz des Falters steht im Kontrast zum lauten, taktlosen Dröhnen des Staubsaugers, der auf den erbarmungslosen Charakter der Maschine, die sich außerhalb des Bildausschnitts befindet, verweist.
Gegenspieler der Videoprojektion, die sich räumlich ungewöhnlich oberhalb der durchschnittlichen Kopfhöhe des Betrachters befindet, ist die Arbeit VON JETZT AN UNFREI: Als Protagonist des Raumes ist ein zunächst diffus seitlich beleuchtetes Objekt zu erkennen. Es ruht auf einem leicht konischen, abgerundeten Vorsprung, der von Mira Siering gezielt für die Ausstellung und die architektonischen Gegebenheiten des POKYs installiert wurde. Bei näherem Hinsehen wird deutlich, dass es sich um einen milchig-transparenten Glasblock handelt, in dessen innerer Aussparung bei noch näherer Betrachtung zwei offenstehende Gebisse heraustreten. Sie sind die Spur und Hinterlassenschaft eines Mal dagewesenen Körpers im Glas, ihr Umriss wie ein in Erinnerung gebliebener Ausdruck. Die gebleckten Zähne auf Augenhöhe provozieren zunächst ein leicht bedrohliches Gefühl. Im zweiten Moment fordert der erstarrte, angehaltene Zustand, indem sich die Gebisse gefangen finden und durch den sie ihrer Beweglichkeit beraubt wurden, aber auch eine Berührung und reizen ein Ertasten. Die Assoziation zum drohenden Versprechen der La Bocca della verità liegt nahe: Legt man die Hand in die Mundöffnung der antiken Mamorscheibe und sagt die Unwahrheit, wird sie einfach abgebissen.
— Text: Alina Röbke / Mira Siering
(video stills)
EIN TOTER FALTER LIEGT AUF DER FENSTERBANK. DIE SONNE SCHEINT AUF IHN, DIE BLÄTTER HINTER DEM FENSTER BEWEGEN SICH IM WIND.
EIN STAUBSAUGER GEHT AN UND DAS STAUBSAUGERROHR TAUCHT AUF. ES NÄHERT SICH DEM FALTER. KURZ BEVOR ES DEN FALTER AUFSAUGT, BRINGT ES IHN NOCH EINMAL KURZ ZUM AUFFLIEGEN. DANN WIRD ER WEGGESAUGT. DER STAUBSAUGER GEHT AUS.
EIN TOTER FALTER LIEGT AUF DER FENSTERBANK.
— Text: Mira Siering
(info)
MIRA SIERING (*1995) studierte bei Tamara Grcic an der Kunsthochschule Mainz und bei Thomas Rentmeister an der HBK Braunschweig. Derzeit macht sie ihren Meisterschüler bei Thomas Rentmeister an der HBK Braunschweig.
⌦ IG: @mira_sie
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